Die Genfer Flüchtlingskonvention: Was bedeutet sie heute noch?

Autor: Rechtsanwalt und Strafverteidiger - Roland Schulte Holthausen

GFK lautet die Abkürzung für die Genfer Flüchtlingskonvention, die zentrale Säule des Flüchtlingsrechts im internationalen Bereich.

Besonders wichtig ist die in der Konvention getroffene Definition für den Begriff Flüchtling. Flüchtlingsschutz auf der ganzen Welt hängt an der Grundlage der Genfer Flüchtlingskonvention. Aus ihr werden nationale Gesetze in diesem Bereich abgeleitet. Beispiele sind in Deutschland Teile des Asylgesetzes und des Asylverfahrensgesetzes. Ebenso ist sie die Rechtsgrundlage für die Arbeit des UNHCR (Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen).

Flankiert wird die Genfer Flüchtlingskonvention von anderen Konventionen wie der Europäischen Menschenrechtskonvention. Teilweise wird die Genfer Flüchtlingskonvention kritisch gesehen. Dabei wird häufig die Meinung vertreten, die Genfer Flüchtlingskonvention werde in ihrer jetzigen Form den vielen Verwerfungen und Krisen der modernen Welt nicht mehr gerecht. Problemfälle sind unter anderem extraterritoriale Gebiete wie die Hohe See. Ebenso ist die Bedeutung der Genfer Flüchtlingskonvention in der alltäglichen rechtlichen Praxis nicht immer eindeutig zu bestimmen.

II. Die wichtigsten Punkte in Kürze

  • Die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist das maßgebliche Dokument für den internationalen Flüchtlingsschutz.
  • Bei der Überwachung und der Umsetzung der Genfer Flüchtlingskonvention spielt der UNHCR (Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen) eine maßgebliche Rolle.
  • An die Definitionen und Vorgaben der Genfer Flüchtlingskonvention knüpfen nationale Regeln wie Asylgesetze und Asylverfahrensordnungen an.
  • Die Genfer Flüchtlingskonvention gerät immer öfter in die Kritik. Einerseits halten Vertragsstaaten sie für unzureichend, andererseits fühlen sich manche Staaten durch die aktuellen Flüchtlingsströme überfordert und stellen die Genfer Flüchtlingskonvention insgesamt infrage.

III. Wichtige Information

Der internationale Flüchtlingsschutz wird von der Genfer Flüchtlingskonvention getragen. Sie bildet die zentrale Rechtsgrundlage für Flüchtlingsschutz weltweit und damit für von ihr abgeleitete nationale Gesetze. Hier tritt sie in der täglichen Rechtspraxis in der Wahrnehmung häufig hinter den nationalen Asylgesetzen zurück. Dennoch ist die Genfer Flüchtlingskonvention auch heute noch unverzichtbar.

IV. Was ist die Genfer Flüchtlingskonvention ?

Die Genfer Flüchtlingskonvention wurde am 28. Juli 1951 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen ins Leben gerufen.

Das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, später als Genfer Flüchtlingskonvention bekannt geworden, wurde am 28. Juli 1951 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. In der Folge wurde dieses Dokument zur zentralen Säule für den Flüchtlingsschutz weltweit. Die Konvention definiert bestimmte Kernbegriffe und die Rechte, die Flüchtlinge weltweit haben. Indes geht es in der Genfer Flüchtlingskonvention auch um die Pflichten der Flüchtlinge gegenüber Ländern, die sie aufgenommen haben.

Das Amt des UNHCR ist mit der Genfer Flüchtlingskonvention verknüpft. Der Hohe Flüchtlingskommissar der vereinten Nationen fungiert als Sachwalter und Kontrollinstanz für die Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention. Die internationalen, mit der Genfer Flüchtlingskonvention verbundenen Gremien sind auf die Zusammenarbeit mit nationalen Stellen angewiesen. Es kommt für die Umsetzung der Genfer Flüchtlingskonvention darauf an, dass einzelne Länder die dort festgelegten Vereinbarungen für sich übernehmen und auf nationaler Ebene anwenden.

 

V. Die Genfer Flüchtlingskonvention und ihre Geschichte

Die Vorgängerorganisation zu den Vereinten Nationen - der Völkerbund - hatte sich bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit Fragen zum Schutz von Flüchtlingen befasst. Allerdings mündete diese Bemühungen noch nicht in eine international gültige Vereinbarung ein. Dies gelang erst den Vereinten Nationen 1951. In Kraft getreten ist die Genfer Flüchtlingskonvention tatsächlich 1954. Damals stand man noch ganz unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs und der daraus folgenden Migrations- und Flüchtlingsbewegungen, primär auf europäischem Boden. Deshalb hatte die ursprüngliche Version von 1951 einen starken Bezug zu Europa.

Eine geografische Ausweitung erfolgte 1967 in einem ergänzenden Protokoll. Unterzeichnet hatten die ursprüngliche Version der Genfer Flüchtlingskonvention zunächst 19 Staaten. Man spricht in diesem Zusammenhang von den Signatarstaaten. Derzeit sind bisher 149 Staaten der Genfer Flüchtlingskonvention/dem Protokoll von 1967 beigetreten. Um diese Zahl einordnen zu können: Derzeit existieren 195, von der UNO anerkannte Staaten auf der Welt.

 

VI. Der Begriff Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention

Nach der Definition der Genfer Flüchtlingskonvention in Artikel 1a befindet sich ein Flüchtling aus der begründeten Furcht vor Verfolgung außerhalb des Landes, zu dem er laut Staatsangehörigkeit gehört. Er kann oder will den Schutz seines eigenen Landes nicht in Anspruch nehmen. Die begründete Furcht vor Verfolgung ergibt sich aus verschiedenen Verfolgungsgründen: Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen oder eine bestimmte politische Überzeugung sind anerkannte Gründe.

 

VII. Der Flüchtling, seine Rechten und Pflichten

Die Genfer Flüchtlingskonvention definiert bestimmte Rechte, die Flüchtlinge haben:

  • Sie dürfen nur unter sehr eingegrenzten und präzise definierten Bedingungen ausgewiesen werden.
  • Sie haben ein Recht auf Wohnraum, Bildung, öffentliche Hilfen und Unterstützung, Arbeit und Religionsfreiheit.
  • Ihnen ist der Zugang zu Gerichten zu gewähren.
  • Sie dürfen nicht für die illegale Einreise in das Hoheitsgebiet eines Genfer Flüchtlingskonvention-Vertragsstaates bestraft werden.
  • Ihnen sind Ausweis- und Reisedokumente auszustellen.
  • Sie haben das Recht, sich in einem bestimmten Gebiet frei zu bewegen.

Flüchtlinge haben auch Pflichten gegenüber dem Aufnahmeland:

Jeder Flüchtling muss individuell nachweisen, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist. Ebenso hat er die Gesetze sowie Bestimmungen des Aufnahmelandes zu respektieren.

VIII . Was ist UNHCR und welche Aufgaben hat er?

 

Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) ist das Flüchtlingshilfswerk der UNO. Er verfügt über das Mandat der Vereinten Nationen, die Einhaltung sowie Umsetzung der Genfer Flüchtlingskonvention zu steuern und zu überwachen. In diesem Sinne

 

  • kontrolliert er, dass Flüchtlinge in Mitgliedstaaten Asyl bekommen und nicht gezwungen werden, in ein Land zurückzukehren, in denen für sie Gefahr für Leib und Leben
  • unterstützt und initiiert er Bemühungen, die Flüchtlingen dabei helfen sollen, in einem anderen Land neu anzufangen. Hier geht es um die Integration in den Aufnahmeländern oder eine spätere freiwillige Rückkehr in das Herkunftsland. In manchen Fällen muss auch über eine Neuansiedlung in einem weiteren Land nachgedacht werden.
  • fungiert er als Berater und Kontrollinstanz für nationale Asylbehörden. Hier steht immer die Umsetzung der Genfer Flüchtlingskonvention im Mittelpunkt.

 

IX. Die Rezeption der Genfer Flüchtlingskonvention

Seit ihrem Bestehen hat die Genfer Flüchtlingskonvention Kritiker. Das ist bei einer so fundamentalen Festlegung für einen internationalen Flüchtlingsschutz nicht verwunderlich. Aus der Geschichte der Genfer Flüchtlingskonvention zeigt sich, dass es nur unter dem Eindruck der fürchterlichen Flüchtlingsentwicklungen und inhumanen Zustände des Zweiten Weltkriegs möglich wurde, eine Vereinbarung wie die Genfer Flüchtlingskonvention überhaupt auf den Weg zu bringen. Der Völkerbund hatte gezeigt, dass offensichtlich der Erste Weltkrieg in seiner Intensität noch nicht ausreichte, um einen humanen Flüchtlingsschutz international zu installieren.

Es gibt verschiedene Sichtweisen auf die Genfer Flüchtlingskonvention.In der Diskussion um die Genfer Flüchtlingskonvention stehen sich mehrere Positionen gegenüber. Einige halten die Festlegungen der Genfer Flüchtlingskonvention für unzureichend. Sie beklagen hauptsächlich, dass es Lücken des Schutzes beispielsweise für Flüchtlinge auf hoher See oder in anderen extraterritorialen Gebieten gibt.

Andere halten die Genfer Flüchtlingskonvention für obsolet, weil die Mitgliedstaaten inzwischen den Flüchtlingsschutz in nationale Gesetze umgesetzt hätten. Auch deckten die flankierenden internationalen Regelungen wie die Europäische Menschenrechtskonvention weite Teile des Flüchtlingsschutzes ab.

In die Diskussion gerät die Genfer Flüchtlingskonvention vornehmlich dann, wenn es zu intensiven Migrations- und Flüchtlingsbewegungen auf breiter Ebene kommt. Hier zeigen sich mitunter Schwächen in der Umsetzung der Genfer Flüchtlingskonvention und nationalen Flüchtlingsschutzgesetze, weil sich verschiedene Länder mit der Aufnahme überfordert fühlen. Erschwerend kommt hinzu, dass die vergangenen Jahre und Jahrzehnte fast durchgehend von aktuellen Krisenherden und damit einhergehenden Flüchtlingsbewegungen gekennzeichnet waren.

Gerade diese Krisenherde auf der Erde zeigen, dass auch in der heutigen Zeit die Genfer Flüchtlingskonvention als zentrale Stütze und Ausgangspunkt für Flüchtlingsschutz alternativlos ist. Sie ist der Ausgangspunkt für die Rechte, die Flüchtlinge in Aufnahmeländern genießen, ebenso für ihre Pflichten. Außerdem ist dieses grundlegende Dokument unverzichtbar für die Interpretation und Auslegung nationaler Flüchtlingsgesetze.

Schwierig wird die Perspektive für den UNHCR und die Genfer Flüchtlingskonvention, wenn immer mehr Vertragsstaaten aufgrund aktueller Flüchtlingsentwicklungen ihre Bemühungen um Flüchtlingsschutz herunterfahren. Sie nehmen dann vielleicht auch Vertragsverletzungen in Kauf oder drohen sogar damit, die Vereinbarung von ihrer Seite aus aufzukündigen. Für eine so zentrale Übereinkunft wie die Genfer Flüchtlingskonvention ist es essenziell, dass die Mitgliedstaaten dabei bleiben und die Akzeptanz der Vereinbarung stabil ist.

 

X. Genfer Flüchtlingskonvention und Rechtspraxis im nationalen Flüchtlingsschutz

Im Verständnis der öffentlichen Wahrnehmung tritt die Genfer Flüchtlingskonvention in der täglichen Rechtspraxis in den Hintergrund. Für Flüchtlinge und Flüchtlingshilfsorganisationen in Deutschland ist es jedoch wichtig, die Zusammenhänge zwischen nationalen Flüchtlingsschutzgesetzen und der Genfer Flüchtlingskonvention zu kennen. Im Zweifel empfiehlt sich eine kompetente Beratung durch einen spezialisierten Rechtsanwalt.

 

XX. Fazit - Besser Beraten zum Thema Genfer Flüchtlingskonvention und Flüchtlingsschutz

Mit unserer langjährigen Erfahrung im Flüchtlings- und Ausländerrecht sind wir kompetenter Ansprechpartner in Flüchtlingsangelegenheiten. Wir unterstützen Sie dabei, die teilweise komplexen rechtlichen Gemengelagen zwischen nationalem Flüchtlingsschutz und Genfer Flüchtlingskonvention zu durchdringen. Ebenso sind wir an Ihrer Seite, wenn es um die Durchsetzung konkreter Flüchtlingsrechte geht.

 

Autor: Strafverteidiger Roland Schulte Holthausen

Roland Schulte Holthausen hat Rechtswissenschaften in Bochum, Salzburg und Münster studiert. Er ist Fachanwalt für Strafrecht und Spezialist für Ausländerrecht. Seit 2015 ist er mit einer Rechtsanwaltskanzlei mit Standorten in Salzgitter und Braunschweig selbständig. Mit den Erfahrungen aus mehr als 1.000 Strafverfahren hat sich Roland Schulte Holthausen inzwischen einen exzellenten Ruf als Strafverteidiger erworben. Seine Spezialisierung liegt dabei neben Strafrecht und Ausländerrecht auch im Bereich Opfervertretung und der Durchsetzung hoher Schmerzensgeldansprüche.

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