Es klingt fast wie in einem US-amerikanischen Thriller: Sie haben einen Mord beobachtet und sollen nun gegen den Täter aussagen. Es stellt sich jedoch heraus, dass er der Anführer einer kriminellen Bande ist, sodass die Mitglieder Ihnen nach Ihrer Aussage nach dem Leben trachten würden. Oder Sie sind Kronzeuge in einem Gerichtsprozess gegen Ihre Komplizen und erhoffen sich durch Ihre Ausführungen Straffreiheit. Dies hat jedoch seinen Preis, denn die Täter drohen damit, Ihrer Familie etwas anzutun.

In diesen und ähnlich gelagerten Fällen kommen Maßnahmen in Form von Zeugenschutz oder einem Zeugenschutzprogramm ins Spiel. Doch was genau ist hierunter zu verstehen? Wann kommt man in solch ein Programm und wie läuft dieses ab? Erfahren Sie hier alles Wissenswerte!

Definition: Was ist Zeugenschutz?

Zeugenschutz kommt immer dann zur Anwendung, wenn das Leben oder andere Werte des Zeugen bzw. seiner Familie durch eine Aussage in einem juristischen Verfahren massiv gefährdet werden würden. Dieser Schutz kann physisch, rechtlich oder auf andere Weise umgesetzt werden. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen dem Zeugenschutz im laufenden Strafverfahren und Maßnahmen nach Beendigung bzw. außerhalb des Verfahrens.

Ziel vom Zeugenschutz ist es, den Zeugen Sicherheit zu bieten, sodass sie ohne Angst vor Repressalien aussagen können. Es dient der Aufrechterhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der effektiven Strafverfolgung. Zuständig dafür sind die Zeugenschutzdienststellen der Polizei; aber auch Rechtsanwälte und Richter sind dem Schutz von Opfern und Zeugen verpflichtet.

Wozu gibt es Zeugenschutz?

Zeugenschutz existiert, um Personen zu schützen, die wichtige Aussagen in juristischen Verfahren machen und deshalb Bedrohungen oder Gefahren ausgesetzt sind. Es soll damit sichergestellt werden, dass diese Zeugen ohne Angst aussagen können und dass ihre Sicherheit und die ihrer Familien gewahrt bleibt. Indem Zeugen geschützt werden, können Strafverfolgungsbehörden und Gerichte effektiv gegen schwerwiegende Verbrechen, wie organisiertes Verbrechen oder Terrorismus, vorgehen. Es stärkt das Vertrauen von Zeugen in das Justizsystem und fördert die Rechtsstaatlichkeit.

Wie lang oder intensiv der Zeugenschutz ist, wird durch die Härte des Falls entschieden und ist somit sehr unterschiedlich.

Wer bekommt Zeugenschutz?

Zeugenschutz erhalten Personen, die aufgrund ihrer Zeugenaussagen in juristischen Verfahren Bedrohungen oder Gefahren ausgesetzt sind. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn ihre Aussagen für die Aufklärung von schweren Verbrechen, wie Organisiertem Verbrechen oder Terrorismus, von entscheidender Bedeutung sind und diese Aussagen die Zeugen in Gefahr bringen könnten. Es zielt darauf ab, ihre Sicherheit zu gewährleisten, sodass sie ohne Angst vor Bedrohungen oder Gewalttaten aussagen können.

Zeugenschutz innerhalb eines Strafverfahrens

Beim Zeugenschutz im Rahmen einer Gerichtsverhandlung kann der Richter beispielsweise bestimmen, dass der Zeuge seinen Wohnort nicht angeben muss. Daneben kann der Angeklagte vorübergehend aus der Hauptverhandlung entfernt werden. Das Gericht kann zudem prüfen, ob dem Zeugen das persönliche Erscheinen zur Verhandlung zuzumuten ist. Ferner ist es unter bestimmten Umständen möglich, die Öffentlichkeit von der Verhandlung auszuschließen.

Im Gegensatz dazu stehen Maßnahmen außerhalb des Strafprozesses. Hier gibt es vor allem das durch Kriminalfilme bekannt gewordene Zeugenschutzprogramm.

Definition: Was ist ein Zeugenschutzprogramm?

Ein Zeugenschutzprogramm ist eine staatliche Einrichtung, die Personen schützt, die aufgrund ihrer Aussagen in juristischen Verfahren bedroht sind. Beteiligte Personen erhalten oft eine neue Identität und werden an einen unbekannten Ort umgesiedelt. Das Hauptziel ist es, die Sicherheit des Zeugen zu gewährleisten und damit auch eine freie und unverfälschte Zeugenaussage im Gerichtsprozess sicherzustellen.

Wann kommt man in ein Zeugenschutzprogramm?

Die Entscheidung, in ein Zeugenschutzprogramm einzutreten, liegt beim Betroffenen oder seinem gesetzlichen Vertreter und ist grundsätzlich eine freiwillige. Auch kann die Polizei oder die Justiz einem Zeugen den Beitritt vorschlagen. Hierfür müssen Sie für das Gerichtsverfahren von entscheidender Bedeutung sein, beispielsweise wenn ohne Ihre Zeugenaussage wesentliche Fakten nicht geklärt oder der Täter nicht gefunden werden kann. Zudem muss die reale Bedrohung vorliegen, dass Ihnen aufgrund Ihrer Aussage ein ernstes Verbrechen zugefügt wird. Dies betrifft Verbrechen, die Ihr Leben, Ihre Gesundheit, Ihre körperliche Sicherheit, Ihre Freiheit oder bedeutende Vermögenswerte gefährden.

Alleinige Bedrohungen gegen das Leben oder die Freiheit des Zeugen reichen jedoch nicht für eine Aufnahme ins Zeugenschutzprogramm aus; die Zeugenaussage muss für das Gerichtsverfahren essenziell sein.

Was sind die Voraussetzungen für ein Zeugenschutzprogramm?

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Die Aufnahme in eine Zeugenschutzprogramm bringt viele Auflagen mit sich.

Generelle Voraussetzungen hierzu befinden sich im Zeugenschutz-HarmonisierungsgesetzDanach müssen Sie als Zeugezunächst besonders wichtig für das Strafverfahren sein. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Sachverhalt ohne Ihre Aussage nicht aufgeklärt oder der Aufenthaltsort des Täters nicht herausgefunden werden kann. Darüber hinaus muss die Gefahr bestehen, dass ein Verbrechen an Ihnen verübt wird, weil Sie eine Aussage treffen möchten oder bereits getroffen haben. Hier eignen sich jedoch nicht jedwede Verbrechen, sondern nur solche, die sich gegen Ihr Leben, Ihre körperliche Unversehrtheit, Ihre Gesundheit, Ihre Freiheit oder gegen wesentliche Vermögenswerte richten.

Ferner müssen Sie sich auch für die Aufnahme in ein Zeugenschutzprogramm eignen. Dies ist beispielsweise dann nicht gegeben, wenn Sie nicht mit der Polizei kooperieren, falsche Angaben machen, über den Fall mit der Presse sprechen und Bilder veröffentlichen oder Sie selbst Straftaten begehen. Darüber hinaus sind Zeugenschutzmaßnahmen stets von Ihrem Einverständnis abhängig. Die Polizei darf Sie also nicht zwingen, eine Tarnidentität anzunehmen oder den Wohnort zu wechseln.

Ob Sie als Aussagender in einem Strafprozess nun in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen werden oder ob vielleicht schon weniger drastische Maßnahmen helfen, liegt im Ermessen der jeweiligen Zeugenschutzdienststelle, die für Sie zuständig ist. Bedenken Sie, dass Zeugenschutzprogramme und die Annahme einer Tarnidentität weitreichende Folgen für Ihr Leben und das Leben Ihrer Familie haben. Aus diesem Grund sollte stets gut abgewogen werden, ob die Gefahr durch den Täter und seine Komplizen wirklich so groß ist, dass Sie alles hinter sich lassen müssen. Eine Beschränkung auf besonders schwere Straftaten oder besonders zu schützende Zeugen erfolgt jedoch nicht.

Wie lange ist man in einem Zeugenschutzprogramm?

Die Dauer im Zeugenschutzprogramm variiert je nach Einzelfall und kann von wenigen Monaten bis zu einem lebenslangen Schutz reichen. Faktoren, die die Dauer beeinflussen, sind unter anderem die Art und Schwere des Verbrechens, die Beziehung des Zeugen zum Täter, das fortbestehende Bedrohungslevel und die individuellen Umstände des Zeugen. In einigen Fällen kann der Schutz aufgehoben werden, wenn die Bedrohung nicht mehr besteht. In anderen Fällen, besonders bei schweren Verbrechen wie Organisiertem Verbrechen oder Terrorismus, kann der Schutz für den Zeugen und seine Familie dauerhaft notwendig sein.

Fazit

Wenn Sie bei der Polizei oder vor Gericht gegen schwerstkriminelle Menschen aussagen sollen, darf es natürlich nicht passieren, dass Sie sich hierdurch selbst in Gefahr begeben. Gerade Sie als wichtiger Bestandteil des Verfahrens, durch welchen Verbrecher für ihre Taten zur Verantwortung gezogen werden können, müssen ausreichend geschützt werden.

Wenn Sie sich also entschieden haben, eine Aussage zu machen, und Sie sich zur Unterstützung und Beratung an unsere Rechtsanwaltskanzlei Schulte Holthausen in Braunschweig oder Salzgitter wenden, werden wir Ihren Fall selbstverständlich sehr diskret behandeln. Gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft und speziellen Zeugenschützern bei der Polizei können wir dann einen Plan erarbeiten, wie Sie und Ihre Familie beispielsweise vor Racheaktionen des Täters und seiner Gehilfen bewahrt werden können. Vertrauen Sie uns, wir nehmen Zeugenschutz nicht auf die leichte Schulter!

Autor: Strafverteidiger Roland Schulte Holthausen

Rechtsanwalt und Experte für Ausländerrecht Roland Schulte Holthausen hat Rechtswissenschaften in Bochum, Salzburg und Münster studiert. Nach anfänglicher Tätigkeit als Dozent in der Juristenausbildung und Rechtsanwalt im Wirtschaftsrecht hat er sich frühzeitig auf das Rechtsgebiet des Ausländerrechts spezialisiert. Seit der Kanzleigründung Anfang des Jahres 2016 hat das Kanzleiteam in über 1000 Fällen die Rechte von Mandanten in ausländerrechtlichen Mandanten vertreten. Die Kanzlei verfügt auf dem Rechtsgebiet des Ausländerrechts über einen hervorragenden überregionalen Ruf.

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