Untersuchungshaft: Verhalten, Ablauf, Anordnung

Die Untersuchungshaft - abgekürzt als U-Haft bezeichnet - ist eine verfahrenssichernde Ermittlungsmaßnahme. Ein Beschuldigter wird auf Grundlage eines Haftbefehls verhaftet, um den Fortgang der Ermittlungen zu sichern. Verhängt werden darf diese einschneidende Maßnahme nur durch einen Richter und ausschließlich bei Vorliegen eines Haftgrundes wie Wiederholungs- oder Verdunkelungsgefahr. Für den Beschuldigten gilt in der U-Haft weiterhin die Unschuldsvermutung. Die Haftanordnung ist gefürchtet, weil sie viele negative Folgen für Beruf und Privatleben haben kann. Es ist deshalb wichtig, dass Sie als Betroffener von Anfang an von einem erfahrenen Strafverteidiger begleitet werden.

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Die wichtigsten Punkte in Kürze

  • Die Untersuchungshaft dient der Verfahrenssicherung im Ermittlungsverfahren bis zur Durchsetzung des Urteils. Sie ist eine harte Maßnahme, die nur bei Vorliegen eines Haftgrundes und verhältnismäßig erfolgen darf.
  • Die Anordnung für die Haft im Ermittlungsverfahren wird durch den Haftbefehl Dieser darf ausschließlich durch einen Richter auf Antrag der Staatsanwaltschaft erlassen werden.
  • Haftgründe sind Flucht-, Verdunkelungs- und Wiederholungsgefahr. Die Anordnung der Haft muss im Verhältnis zur Schwere und Bedeutung der Tat stehen. Allgemeine Voraussetzung für den Erlass eines Haftbefehls ist der dringende Tatverdacht gegen den Beschuldigten.
  • Haftverschonung ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich und kann im Rahmen der richterlichen Überprüfungen auch nach bereits verhängter Haft beantragt werden. Die Haft während des Ermittlungsverfahrens darf nur so lange dauern, wie ein Haftgrund gegeben ist. Die Dauer soll sechs Monate nicht überschreiten, kann aber in besonderen Fällen länger andauern.
  • Begleitung und Unterstützung durch einen erfahrenen Strafverteidiger ist bei Haftbefehl und U-Haft besonders wichtig. Einlassungen zur Sache sollten niemals ohne anwaltliche Begleitung erfolgen.

Hinweise zur Untersuchungshaft:

Die Untersuchungshaft auf der Grundlage eines Haftbefehls ist eine verfahrenssichernde Maßnahme mit potenziell schweren negativen Folgen für Beruf und Privatleben. Betroffene sollten sich von Anfang an von einem erfahrenen Strafverteidiger begleiten lassen. Er prüft, ob die Voraussetzungen für eine Haftanordnung vorliegen und kann mögliche mildere Mittel zur Verfahrenssicherung beantragen.

Was ist Untersuchungshaft und was bedeutet Haftbefehl?

Untersuchungshaft auf der Grundlage eines Haftbefehls ist eine verfahrenssichernde Maßnahme.

Wer einer Straftat verdächtigt wird, sieht sich Ermittlungsmaßnahmen durch Polizei und Staatsanwaltschaft ausgesetzt. Die Ermittlungen werden bei Vorliegen eines Anfangsverdachts eingeleitet. Geprüft wird in dem Ermittlungsverfahren, ob sich der anfängliche Verdacht in einen hinreichenden Tatverdacht konkretisiert, sodass öffentliche Klage eingeleitet werden kann. Damit sich ein dringend Tatverdächtiger den Ermittlungen nicht hinziehen kann, kann Haft angeordnet werden. Die verfahrenssichernde Maßnahme greift intensiv in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen ein. Sie ist deshalb an strenge Voraussetzungen gebunden. Die Intensität dieser Maßnahme wird deutlich, wenn man sich bewusst macht, dass sich immer noch die Unschuld des Beschuldigten herausstellen kann.

 

Wann wird U-Haft angeordnet, welche Voraussetzungen müssen bestehen?

Die Haftanordnung hat den Zweck, die Ermittlungen zu sichern. Sie ist die stärkste der verfahrenssichernden Maßnahmen und wird sich negativ auf das Leben des Beschuldigten auswirken. Das gilt selbst dann, wenn sich später die Unschuld des Verdächtigen erweist. Deshalb darf nur ein Richter Haft anordnen und ist bei seiner Entscheidung an bestimmte Voraussetzungen gebunden, die in § 112 StPO ff. geregelt sind.

Erste Voraussetzung für die Verhängung der Haft als Ermittlungsmaßnahme ist ein dringender Tatverdacht. Außerdem muss ein Haftgrund gegeben sein.

 

Haftgründe sind:

 

  • Flucht: Bestimmte Tatsachen lassen während der Ermittlung erkennen, dass der Verdächtige flüchtig ist und sich versteckt.
  • Fluchtgefahr: In diesem Fall besteht die Gefahr, dass sich ein Betroffener Ermittlungsmaßnahmen durch Flucht entziehen könnte.
  • Verdunkelungsgefahr: Hier soll verhindert werden, dass der Verdächtige Beweismittel vernichten, verändern oder anderweitig manipulieren sowie auf Zeugen einwirken.
  • Wiederholungsgefahr: Es besteht in diesem Fall nicht nur dringender Tatverdacht, sondern auch der dringende Verdacht, dass der Verdächtige wiederholt schwere Straftaten begeht.

 

Bei jeder Anordnung der U-Haft muss das Verhältnismäßigkeitsprinzip beachtet werden. Haft darf zur Ermittlung nicht angeordnet werden, wenn die möglichen Folgen der Haftanordnung nicht im Verhältnis zur Schwere und Bedeutung der Tat stehen. Deshalb darf bei sogenannten Bagatelldelikten, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder einer Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen geahndet werden, Haft während der Ermittlung nur unter weiter eingeschränkten Bedingungen angeordnet werden.

Es gibt unterschiedliche Haftgründe, die zu einer Untersuchungshaft führen können.

Eine Anordnung wegen Verdunkelungsgefahr scheidet in diesem Fall aus. Haft aufgrund Wiederholungsgefahr kommt nur in Betracht, wenn sich der Beschuldigte bereits einmal der Ermittlung entzogen hat. Ebenso, wenn er keinen festen Wohnsitz nachweisen oder sich nicht ausweisen kann. Besonders bei Bagatelldelikten muss außerdem geprüft werden, ob der Sicherungszweck auch durch eine mildere Maßnahme wie die Hinterlegung einer Kaution oder eine regelmäßige Meldepflicht bei der Polizei erreicht werden kann.

 

U-Haft im Jugendstrafrecht

Die Haftanordnung im Jugendstrafrecht unterliegt strengeren Voraussetzungen. Sie darf ausschließlich erfolgen, wenn der Sicherungszweck nicht durch eine mildere Maßnahme erreicht werden kann. Hier kommen etwa vorläufige Anordnungen der Erziehung oder andere Maßnahmen in Betracht. Im Haftbefehl müssen Ausführungen dazu erfolgen, warum der Jugendliche im Einzelfall den besonderen Belastungen der Haft ausgesetzt wird und die Haftanordnung verhältnismäßig ist.

 

Der Verfahrensablauf bei der Haft im Ermittlungsverfahren

Haftbefehl ergeht auf Antrag der ermittelnden Staatsanwaltschaft. Der Staatsanwalt stellt diesen Antrag, weil er einen Haftgrund annimmt. Der Haftbefehl enthält neben den Angaben zur Person des Verdächtigen, auch die Angabe der Tat, der er dringend verdächtigt ist. Ebenso wird der Haftgrund beschrieben, einschließlich der Umstände, aus denen er sich ergibt.

Der Vollzug des Haftbefehls und die Festnahme erfolgt durch die Polizei. Nach der Festnahme führt man den Beschuldigten dem Haftrichter vor. Die Vorführung muss spätestens einen Tag nach der Verhaftung erfolgen. Vorführung beim Richter heißt, dass der jeweils örtlich zuständige Richter aktiv wird. Das ist nicht zwingend derjenige, der vorher den Haftbefehl erlassen hat.

Der Vollzug des Haftbefehls und die Festnahme erfolgt durch die Polizei.

Die Vorführung vor den Richter dient dazu, den Haftbefehl zu verkünden. Er prüft, ob der Haftbefehl aufrechterhalten wird oder aufgehoben werden muss. Ebenso ist es möglich, den Haftbefehl vorläufig auszusetzen. Bei Aufhebung oder vorläufiger Aussetzung wird der Verdächtige wieder in die Freiheit entlassen. Das bedeutet nicht, dass das Ermittlungsverfahren beendet wird.

Die Ermittlungen gehen weiter. Eine erneute Haftanordnung ist möglich. Sie ergeht etwa dann, wenn ein weiterer Grund für die Haftanordnung aufkomt. Macht der Verdächtige etwa Versuche, sich den Ermittlungen zu entziehen oder konkretisieren sich die Feststellungen zu einer Verdunkelungsgefahr, kommt es zu einem neuen Haftbefehl.

Wichtig zu wissen: Als Beschuldigter haben Sie das Recht, während der gesamten U-Haft ständig Kontakt zu einem von Ihnen gewählten Strafverteidiger zu haben. Dieser Kontakt zum Anwalt darf nach § 148 StPO nur in sehr beschränktem Maße einer Kontrolle unterliegen.

 

Wie lange dauert U-Haft?

Haft während laufender Ermittlungen ist eine einschneidende Maßnahme. Sie ist streng zweckgebunden, weil sie das Ermittlungsverfahren sichern soll. Ermittlungshandlungen sollen ungehindert vollzogen werden können. Damit steht die Dauer der Haft in Beziehung zum Verlauf der Ermittlung. Maximal soll U-Haft sechs Monate andauern. Sollten sich die Ermittlungen verzögern, kann sie verlängert werden. In der Praxis kommt dies häufiger vor, wenn es um besonders schwierige, komplexe Ermittlungen geht. Im Falle einer Verurteilung wird die Zeit in der U-Haft auf die mit dem Urteil verhängte Geld- oder Freiheitsstrafe angerechnet.

 

Abholung zur U-Haft: Verhaltenstipps

Die Festnahme auf Grundlage eines Haftbefehls hat auf Betroffene eine intensive, auch sehr emotionale Wirkung. Fast jeder Mensch ist jetzt versucht, seine Unschuld zu beteuern und Aussagen zur Sache zu machen. Sie sollten weder bei der Festnahme, noch in der Haft selbst eine Aussage machen. Denken Sie hierbei nicht nur einen Gesprächspartner aus den Reihen von Polizei und Staatsanwaltschaft. Halten Sie sich auch gegenüber Mitgefangenen mit Aussagen zurück.

Grundsätzlich kann jede Aussage in der folgenden Ermittlung und vor allem im Prozess gegen Sie verwendet werden. Sichern Sie sich deshalb so schnell wie möglich die fachkundige Unterstützung und Begleitung durch einen Strafverteidiger. Drängen Sie darauf, einen Rechtsanwalt einschalten zu können.

Dieser wird in einem ersten Schritt die Grundlage des Haftbefehls prüfen. Unter Umständen ergeben sich hier Möglichkeiten, Sie zügig wieder auf freien Fuß zu bekommen.

 

Während der U-Haft: Besuchs- und Vollzugsregelungen

Während der Untersuchungshaft darf man Besuch empfangen.

Während der Untersuchungshaft darf man Besuch empfangen.

Sie können in der Haft Besucher empfangen. Besuche erfolgen unter akustischer und optischer Überwachung. Sie dürfen Briefe schreiben und empfangen. Nur in Ausnahmefällen, etwa bei Verdunkelungsgefahr, kann ein Richter eine Briefkontrolle verhängen. Besuchsverbote sind in Ausnahmefällen ebenfalls möglich.

Während der U-Haft erfolgt eine regelmäßige richterliche Kontrolle zur Frage, ob der Haftgrund noch gegeben ist und die Anordnung aufrechterhalten wird. Es ist deshalb möglich, dabei eine Haftverschonung zu beantragen und bei Vorliegen der Voraussetzungen zu erhalten. Besteht etwa keine aktuelle Flucht- oder Verdunklungsgefahr, könnten mildere Maßnahmen wie die regelmäßige Meldung bei der Polizei das Verfahren sichern. Ihr Rechtsanwalt weiß, wie in diesen Fällen vorzugehen ist.

 

Wahl eines Strafverteidigers und Verteidigungsmöglichkeiten

Sie haben als Beschuldigter in U-Haft das Recht, von einem frei gewählten Strafverteidiger verteidigt zu werden. Das Gericht stellt dem Beschuldigten einen Pflichtverteidiger, wenn er selbst keinen Verteidiger auswählt. Vom zuständigen Gericht wird eine Frist gesetzt, in dem ein frei gewählter Verteidiger vom Beschuldigten beauftragt werden kann. Ist diese Frist abgelaufen, wird der Pflichtverteidiger bestellt. Die Staatskasse trägt zunächst die Kosten für die Pflichtverteidigung. Wird der Beschuldigte später verurteilt, muss er diese Kosten zurückzahlen. Wird er freigesprochen, übernimmt die Staatskasse die Kosten.

Versuchen Sie besser nicht, sich selbst gegen strafrechtliche Vorwürfe und vor allem die Haftanordnung zu verteidigen. Sie haben es in der Regel mit psychologisch geschulten Menschen auf der anderen Seite zu tun. Hier kommt es nicht selten dazu, dass sich Beschuldigte selbst belasten. Mit einem erfahrenen Strafverteidiger haben Sie kompetenten Rat und Beistand an Ihrer Seite.

Bei einem Haftbefehl und U-Haft kommt es in einem ersten Schritt darauf an, die Grundlagen des Haftbefehls zu prüfen und Möglichkeiten für eine Haftverschonung zu sondieren. Auf diese Weise können die möglichen schwerwiegenden Folgen der Haft abgewendet oder zumindest abgemildert werden. Ihr Strafverteidiger wird immer wieder während der Haft versuchen, Haftverschonung zu erreichen. Dies ist über die regelmäßigen richterlichen Kontrolltermine möglich.

 

Entschädigung für die Haft

Nicht immer kommt es bei verhängter Untersuchungshaft später zu einem Schuldspruch. Vielleicht konkretisieren sich die Ermittlungen in der Weise, dass es nicht zum Prozess kommt. Hier hat der zuständige Richter die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Möglicherweise kommt es zu einem Freispruch in einem Prozess oder zu einer Einstellung des Verfahrens. In diesen Fällen haben Beschuldigte einen Anspruch auf eine Entschädigung für die Zeit der Haft.

Lassen Sie diesen Entschädigungsanspruch unbedingt durch den Strafverteidiger prüfen. Es geht darum, die negativen Folgen, die die Haft etwa für Ihr berufliches Fortkommen oder Ihr Privatleben hatte, auszugleichen. Ein Entschädigungsanspruch wird nicht immer automatisch geprüft. Hier kann es notwendig werden, dass Ihr Rechtsanwalt den Anspruch aktiv geltend macht. In diesem Fall sind Fristen zu beachten, die schnell verstreichen. Vertrauen Sie mögliche Entschädigungsansprüche Ihrem Strafverteidiger an.

 

So schnell wie möglich Kontakt zum Strafverteidiger aufnehmen

Wenden Sie sich bei Verhaftung oder drohendem Haftbefehl an einen Strafverteidiger Ihres Vertrauens. Haft ist eine schwerwiegende Maßnahme, die sich auf Ihr gesamtes Leben auswirken kann. Sie sollten den Ermittlungsbehörden in Begleitung eines kompetenten Strafrechtsanwalts gegenübertreten. Auf diese Weise besteht nicht die Gefahr, dass Sie sich ungewollt selbst belasten. Außerdem sorgt der Strafverteidiger dafür, dass Ihre rechtlichen Interessen gewahrt werden.

 

Im Falle einer Verhaftung oder einem drohenden Haftbefehl rufen Sie mich bitte im Rahmen meiner kostenlosen Erstberatung deutschlandweit zu jeder Zeit unter meiner Notfallnummer: 0151 20946624 an.

 

Autor: Strafverteidiger Roland Schulte Holthausen

Strafverteidiger und Fachanwalt für Strafrecht Roland Schulte Holthausen hat Rechtswissenschaften in Bochum, Salzburg und Münster studiert. Nach anfänglicher Tätigkeit als Dozent in der Juristenausbildung und Rechtsanwalt im Wirtschaftsrecht hat er sich frühzeitig auf das Rechtsgebiet des Strafrechts spezialisiert. Seit der Kanzleigründung Anfang des Jahres 2016 hat das Kanzleiteam unter anderem in zahlreichen medienträchtigen Großverfahren wegen Kapitalstraftaten vor verschiedenen Schwurgerichtskammern und in größeren Wirtschaftsstrafverfahren verteidigt oder die Rechte von Opfern von Straftaten vertreten. Herr Schulte Holthausen schöpft im Rahmen seiner Tätigkeit aus der Erfahrung von weit über 1000 Strafverfahren. Die Rechtsanwaltskanzlei konnte sich hierbei in den vergangenen Jahren einen hervorragenden überregionalen Ruf erarbeiten.

*Hinweis: Die Informationen in diesem Artikel sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, zusammengetragen und geschrieben. Sie ersetzen jedoch keine Rechtsberatung. Bitte stellen Sie für eine rechtlich bindende Beratung eine Anfrage. Wir übernehmen keine Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder mögliche Änderung der Sachlage.

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